4. August 2025
Station 2 nach der Diagnose ME/CFS
Wenn ich ehrlich bin: Ich hatte gehofft, dass nach dem ersten medizinischen Aufschlag ein bisschen Ruhe einkehrt. Dass ich zumindest grob weiß, in welche Richtung es geht. Aber so ist ME/CFS nicht. Und so ist auch das Gesundheitssystem nicht. Kaum denkst du, du hast etwas in der Hand, fängt alles wieder von vorne an.
Erste Wirkung, erste Hoffnung
Der Lichtblick: die Lymphdrainage. Ich hätte nicht gedacht, dass das spürbar hilft – aber an den Tagen, an denen ich sie bekomme, sind die Schmerzen in den Beinen weniger dumpf. Nicht weg, aber weniger. Und das ist für mich gerade viel.
Die Blutauswertung: ein Puzzle aus Mängeln und Auffälligkeiten
Die Blutergebnisse kamen zurück. Und sie lesen sich wie ein klassisches ME/CFS-Profil:
Neuro-Aminosäuren: alle im Mangel – massiv.
Q10 & Alpha-Liponsäure: fast nicht messbar.
Lymphozytenwerte: alle im oberen Referenzbereich, besonders viele NK-Zellen.
ATP intrazellulär: am unteren Rand – also wenig Energieproduktion in den Zellen.
Schilddrüse: im Normbereich – bis auf die TP-Antikörper. Die liegen bei über 1.000. Hashimoto lässt grüßen.
Jod: schwerer Mangel.
Insulinresistenz: Hinweis darauf vorhanden.
EBV: kein akuter Infekt, aber eine klare serologische Spur einer länger zurückliegenden Infektion. Ein möglicher Schlüssel?
Immerhin: ein paar konkrete Anhaltspunkte. Etwas, an dem man ansetzen kann. Mein Arzt und ich haben beschlossen, mit Lithiumorotat und Masteraminosäuren zu starten – langsam, vorsichtig. Alle anderen Präparate wollte ich erst dann angehen, wenn die neurologische Abklärung weiter fortgeschritten ist.
Die Gerinnung? Noch riskanter als gedacht
In der Gerinnungssprechstunde wurde mein Risiko neu eingestuft: Statt sechsfachem Risiko nun achtfach erhöht. Dazu kam ein stark erhöhter Lipoproteinwert. Was das für mein Thromboserisiko bedeutet? Nichts Gutes. Und leider auch: keine neuen Lösungen. Nur mehr Vorsicht.
Kardiologie – ein Desaster
Der Termin beim Kardiologen war… frustrierend. Ich wurde hingeschickt, um POTS – das bereits bei Prof. Stark diagnostiziert wurde – weiter abklären und therapieren zu lassen. Doch der Kardiologe winkte ab: „ME/CFS kenne ich nicht. Nervensysteme, die dysregulieren? Hokuspokus.“
Er machte ein Herzultraschall – obwohl ich davon in den letzten zwei Jahren vier (!) Stück hatte. Vor jeder Kopf-OP. Und dann entließ er mich mit den Worten: „Das Herz funktioniert einwandfrei.“ Danke für nichts.
Und jetzt?
Jetzt warte ich. Auf den Termin bei der Humangenetik. Auf die Reaktion meines Körpers auf die neuen NEMs. Auf die neurologische Diagnostik. Auf ein bisschen mehr Schmerzfreiheit durch die Lymphmassage.
Ich warte. Und versuche gleichzeitig, mich nicht zu verlieren im ewigen Warten.
Denn Station 2 fühlt sich an wie ein Pausenraum, in dem niemand weiß, wann’s weitergeht.